Original-Artikel, erschienen am 3. Juli 2006 im "Euro am Sonntag"

Euro am Sonntag 03. Juli 2006

Zahn um Zahn sparen


Via Internetaiktion können Patienten für Preisdruck bei Gesundheitsleistungen sorgen. Wie das geht, wann es sich lohnt.

Gesundheit wird teurer. So viel ist sicher. Wie hoch die Dosis der zu schluckenden finanziellen Belastung aber sein wird, darüber sind sich Versicherte so uneins wie Merkel, Schmidt und Steinbrück (siehe Seite 66). Immerhin: Laut einer Umfrage von TNS Infratest würden 41 Prozent der befragten Bundesbürger eine Leistungskürzung der gesetzlichen Krankenkassen hinnehmen, solange die Beiträge konstant bleiben.
Doch selbst wenn die klammen Kassen Beiträge anheben und Leistungen streichen oder kappen, können Versicherte manchen Euro sparen, indem sie selbst für mehr Preiswettbewerb sorgen. Beispielsweise mit der Ausschreibung einer anstehenden Behandlung über das Internet. Das funktioniert wie bei Ebay, nur umgekehrt: Wer Kronen, Brücken oder Implantate benötigt, läßt sich von seinem Zahnarzt einen Heil- und Kostenplan erstellen. Diesen Kostenvoranschlag samt detaillierten Befund stellen Patienten in Auktionsportale wie www.2te-zahnarztmeinung.de und www.arzt-preisvergleich.de ein. Sie setzen darauf, daß innerhalb der Auktionszeit andere Zahnärzte aus einem vorgegebenen Einzugsgebiet den Preis für diese Leistung unterbieten. Je mehr Ärzte ein Gebot abgeben, desto eher ist der Preis ausgereizt.

Bei dem Portal www.arzt-preisvergleich.de ist das Einstellen des Heilplans kostenlos. Bei www.2te-zahnarztmeinung.de entfällt für Versicherte von 29 kooperierenden Krankenkassen die Vermittlungsgebühr zwischen 2,50 und 7,50 Euro. Tip: Versicherte dieser Kassen sollten für die Teilnahme an der Auktion das Kennwort erfragen.

Viele Krankenkassen stehen diesem virtuellen Gesundheitsbazar durchaus positiv gegenüber. Schließlich ist die Auktion für die Kassen günstiger als etwa der OP-Tourismus nach Tschechien oder Ungarn, weil sie sich hier nicht mit teuren Nebenkosten rumschlagen müssen.

Preisbrecher unter Zahnärzten

lassen sich leicht finden. Schließlich ist die Online-Auktion eine gute Gelegenheit, um neue Patienten zu gewinnen. Auch wenn das Internetgebot noch kein verbindliches Preisangebot ist – das wird erst mit dem endgültigen Heil- und Kostenplan festgelegt – können Patienten bis zu 40 Prozent der ursprünglich veranschlagten Kosten sparen. "Einsparpotentiale gibt’s vor allem bei den Laborkosten", weiß Andreas Hörr, Betreiber der Auktionsplattform www.arzt-preisvergleich.de (siehe Kasten). Grund: Zahnersatz, der in asiatischen Dentallabors gefertigt wurde, ist wesentlich günstiger als hierzulande hergestellter. Zahnärzte, die auf dieser Plattform Gebote abgeben, müssen die Herkunft des Zahnersatzes offenlegen.

Spielraum zum Feilschen

gibt’s nicht nur beim Zahnersatz. Ab 17. Juli will Andreas Hörr auf seiner Internetseite auch Gebote für physiotherapeutische Leistungen zulassen. Nach und nach sollen auch Brustvergrößerungen, Augenlidstraffungen und die sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die von den Kassen nicht gezahlt werden, ins Netz gestellt werden können. Letztere sind medizinisch wünschenswerte, aber nicht notwendige Leistungen, wie etwa sportmedizinische Vorsorge-, Ultraschalluntersuchungen sämtlicher Organe oder die Blutgruppenbestimmung.

"Online-Auktionen für solche Leistungen sowie für Heil- und Hilfsmittel, für die Krankenkassen Festzuschüsse zahlen, werden zunehmen", meint Stefan Etgeton, Gesundheitsreferent bei der Verbraucher- zentrale Bundesverband (vzbv). Und Andreas Hörr, der Betreiber des Portals, glaubt sogar fest daran, schon bald ein Ranking "der Ärzte mit einem guten Preis/Leistungs-Verhältnis" veröffentlichen zu können. Die Patienten werden dies begrüßen – allerdings nur, solange auch die freie Arztwahl für Kassenpatienten bestehen bleibt.

von Michael H. Schulz
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